Dienstag, 9. Mai 2017

Ein Tag Urlaub in Pommern: Słupsk und Darłowo

Der für deutsche Muttersprachler mehr oder weniger unaussprechliche Name der Stadt, Słupsk, ist mehr oder weniger die einzige Hürde, die wir auf unserem Ausflug nach Hinterpommern meistern müssen. Von Danzig aus trennen uns lediglich 120 Kilometer von dieser 100.000 Einwohner großen Stadt - die schafft man in zwei Stunden Bummelzug. Und diese Fahrt war schon ein kleiner Höhepunkt. Denn im polnischen Pommern ist vieles so, wie wir das aus alten Heimatfilmen kennen: Viele Wiesen und Felder, viel Wald, hohe Bäume, und alles spielt herrlich intakt zusammen. So konnten wir von unserem langsam tuckelnden Zug aus einen Fuchs, Störche, Kraniche und unzählige Rehe sehen. Ich bin nun mal - mehr oder weniger - ein Stadtkind (In meiner Heimatstadt, die durchaus dörfliche Strukturen hat, leben immerhin etwa 40.000 Menschen), deswegen hat mir das gleich gute Laune bereitet.


Von der zweistündigen Zugfahrt müssen wir uns erstmal mit einem ziemlich polnischen Softeis erholen. Die Dame am Eisstand freut sich über unsere eher dilettantischen Versuche, unser Eis auf polnisch zu bestellen - umso besser schmeckt es dann auch. Mit dem Eis in der Hand spazieren wir die Aleja Wojska Polskiego herunter. Hier reiht sich ein Jugendstilhaus ans nächste. In der Mitte der Straße führt eine Allee mit vielen Bänken die Besucher durch diese gealterten Schönheiten.


Wir halten uns rechts, vorbei am alten Rathaus, gehen über den Platz der ersten Bürger von Słupsk und dem Denkmal "Der Gebeugte" weiter durch das Neue Tor und spazieren nun gemächlich vorbei an alten Speichern, der alten Słupsker Straßenbahn, der alten Hauptpost und vielen alten Kirchen. Alt wird in Słupsk nämlich groß geschrieben (im übertragenen Sinn): Viele Gebäude stammen aus der Zeit, in der die Stadt noch Stolp hieß und mehrheitlich von Deutschen bewohnt wurde. Sie hielten der russischen Besatzung nach dem zweiten Weltkrieg glücklicherweise stand. Deswegen können wir sie an diesem schönen Tag bewundern.




Der Fluss Słupia durchquert das gemütliche Großstädtchen, dass sich an diesem Tag eher von seiner provinziellen Seite zeigt. Wir schreiben ja auch den 1. Mai, und der ist auch in Polen ein Feiertag, und so sind nur wenige Autos, dafür umso mehr entspannte Spaziergänger, unterwegs.


Wiesen und Wälder, Fachwerkhäuser und Backsteintürme. Und das mitten im Zentrum der 100.000-Einwohner-Stadt.

Nach zwei Stunden zieht es uns weiter. Wir nehmen den Bus und fahren eine Stunde durch die schönsten kleinen Bauerndörfer. Hübsche Ensembles aus Fachwerkhäusern, daneben Pferdeställe und Bauern, die ihre Felder bestellen. Schließlich erreichen wir Darłowo: Bis 1945 nannte sich dieses kleine, verschlafene Stranddörfchen noch Rügenwalde. Die berühmte Mühle aus der Werbung gab es übrigens nie wirklich hier, das Unternehmen fing hier allerdings mit einer einfachen Metzgerei als Familienbetrieb an. Was für uns aber viel wichtiger war: Darłowo liegt direkt an der Ostsee, und hier soll sie zudem besonders schön sein. Zumindest schöner als das, was wir vielleicht aus der Danziger Bucht gewöhnt sein sollen (und die ist schon ein Träumchen für heiße Sommertage).


Einen kurzen Gang durch das kleine Städtchen wollen wir uns aber auch nicht entgehen lassen. Deswegen schlenderen wir zunächst die kleine Hauptstraße entlang und kommen am schönen alten Rügenwalder Schloss vorbei. Dort drinnen ist seit den 1920er Jahren das Heimatmuseum der Stadt. Die alte Hauptstraße mündet in den schönen kleinen Marktplatz.
Den fehlenden Putz finden wir gerade schön. Immerhin zeigt es, dass die Häuser bewohnt sind, dass in der Stadt leben herrscht und dass ihre Bewohner schon einiges mit ihr durchgestanden haben. Vom Krieg blieb das Dörfchen glücklicherweise größtenteils verschont. Das freut uns, so soll das sein!

Schließlich suchen wir den Weg Richtung Küste. Immer am Kanal entlang. Viele Einheimische radeln am Wasser entlang oder machen ihren Feiertagsspaziergang. Aber wir sind fast immer die schnellsten, denn wir haben es eilig, schließlich wollen wir die See ein wenig genießen, bevor wir zum letzten Bus des Tages zurück am Busbahnhof sein müssen. Ein schöner Weg, der uns schließlich ans Ziel bringt.
Wir schlendern bis zur steinernen Mole hinunter und genießen dort die Sonne, die sich in diesem Frühling bisher viel zu selten gezeigt hat! Ein paar Tropfen Ostseewasser bekommen wir auch ab, denn die Wellen preschen stark gegen die Steine. Wie schön! Fast wie im Urlaub.
Doch schon bald wird es Zeit, den Rückweg anzutreten. Wir folgen auf dem Steg dem Piratenschiff, das in den Kanal einläuft, ein bisschen. Wie schön es doch wäre, wenn wir damit nach Hause segeln könnten! Doch plötzlich bemerken wir, dass die Zeit ziemlich knapp wird. Eine halbe Stunde haben wir noch, bis der letzte Bus zurück nach Słupsk abfährt. Ich checke den Weg auf meinem Smartphone und sehe, wie viel wir uns verschätzt haben: eine Stunde soll der Weg zu Fuß dauern! Wir suchen ein Taxi und finden keins. Bis ich schließlich ein junges Pärchen auf Polnisch anspreche: "Entschuldigung, sprechen Sie Englisch?" Glücklicherweise bejahen sie, aber: ein Taxi sei schwer zu bekommen. - "Wohin wollt ihr denn fahren? Zum Busbahnhof? - Wir fahren in die gleiche Richtung. Wir können euch mitnehmen!" So haben wir wieder einmal die polnische Gastfreundlichkeit erleben dürfen, ohne die wir vermutlich in Darłowo hätten übernachten müssen. (Even though you will never read this, dear Polish couple: I am still really thankful that you saved our asses!) Ein schönes Ende für diese Tour!

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